1. Grundlagen und Anwendungsbereich
Ein Arbeitgeberdarlehen liegt vor, wenn der Arbeitgeber oder ein Dritter aufgrund des Dienstverhältnisses Geld an den Arbeitnehmer überlässt und dies auf einem Darlehensvertrag beruht. Zu versteuern sind dabei die Zinsvorteile, die der Arbeitnehmer durch ein solches Darlehen erhält. Der Zufluss des Darlehensbetrages selbst stellt hingegen keinen Arbeitslohn dar. Allerdings sind Zinsvorteile nur dann zu versteuern, wenn die Summe der noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeitraums 2.600 € übersteigt.
Keine Arbeitgeberdarlehen sind insbesondere Reisekostenvorschüsse, vorschüssig gezahlter Auslagenersatz, Lohnabschläge und Lohnvorschüsse, sofern es sich hierbei um abweichende Vereinbarungen über die Bedingungen der Lohnzahlung handelt. Gehaltsvorschüsse im öffentlichen Dienst, die nach den Vorschussrichtlinien des Bundes oder der Länder gewährt werden, gelten hingegen als Arbeitgeberdarlehen.
Ein steuerpflichtiger Zinsvorteil entsteht nicht, wenn der Arbeitgeber das Darlehen zu einem marktüblichen Zinssatz gewährt.
2. Ermittlung des Zinsvorteils (Geldwerter Vorteil)
Bei zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen ist der geldwerte Vorteil (Zinsvorteil) als Arbeitslohn des Arbeitnehmers zu ermitteln und zu versteuern. Dabei wird zwischen zwei Bewertungsmethoden unterschieden: der Bewertung nach § 8 Absatz 2 EStG und der Bewertung nach § 8 Absatz 3 EStG.
2.1 Bewertung nach § 8 Absatz 2 EStG (Allgemeine Grundsätze)
Diese Methode kommt zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber Darlehen nicht überwiegend an betriebsfremde Dritte vergibt, wie es beispielsweise bei einem Einzelhändler der Fall sein könnte.
- Ansatz des üblichen Endpreises: Sachbezüge sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Absatz 2 Satz 1 EStG).
- Maßstabszinssatz: Dieser kann sich aus dem Angebot eines Kreditinstituts am Abgabeort ergeben oder dem günstigsten Preis für ein vergleichbares Darlehen am Markt entsprechen, einschließlich allgemein zugänglicher Internetangebote (z.B. von Direktbanken).
- Pauschaler Abschlag von 4 %: Ein pauschaler Abschlag von 4 % ist vom üblichen Endpreis des Darlehens vorzunehmen (R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR). Dieser Abschlag entfällt jedoch, wenn der günstigste Preis am Markt unter Einbeziehung von Internetangeboten als Maßstab dient.
- Vereinfachungsregelung der Deutschen Bundesbank: Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die Feststellung des Maßstabszinssatzes die bei Vertragsabschluss von der Deutschen Bundesbank zuletzt veröffentlichten Effektivzinssätze (gewichtete Durchschnittssätze) herangezogen werden. Von diesem Effektivzinssatz kann ebenfalls ein pauschaler Abschlag von 4 % vorgenommen werden. Einzelanfragen zur Ermittlung des Maßstabszinssatzes sind bei der Deutschen Bundesbank möglich.
- Vergleichbarkeit des Darlehens: Ein Darlehen gilt als vergleichbar, wenn es dem Arbeitgeberdarlehen insbesondere hinsichtlich Kreditart (z.B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit), Laufzeit, Dauer der Zinsfestlegung, Beleihungsgrenze und Zeitpunkt der Tilgungsverrechnung entspricht. Die Kreditart richtet sich allein nach dem tatsächlichen Verwendungszweck.
Beispielrechnung für die Ermittlung des Zinsvorteils (nach § 8 Abs. 2 EStG): Ein Arbeitgeber gewährt einem Arbeitnehmer ein Darlehen von 30.000 € zu einem Effektivzinssatz von 2 % jährlich. Der von der Deutschen Bundesbank für Konsumentenkredite veröffentlichte Effektivzinssatz beträgt 4,71 % (Erhebungszeitraum Januar 2015). Nach Abzug des pauschalen Abschlags von 4 % (0,04 x 4,71 % = 0,1884 %, gerundet 0,19 %) ergibt sich ein Maßstabszinssatz von 4,52 % (4,71 % - 0,19 %). Die Zinsverbilligung beträgt somit 2,52 % (4,52 % abzüglich 2 %). Der Zinsvorteil für den ersten Monat beläuft sich auf 63 € (2,52 % von 30.000 € x 1/12).
Wichtiger Hinweis: Der Zinsvorteil ist bei jeder Tilgung des Arbeitgeberdarlehens für die Restschuld neu zu ermitteln. Bei Arbeitgeberdarlehen mit variablen Zinssätzen ist für die Ermittlung des Zinsvorteils im Zeitpunkt der vertraglichen Zinssatzanpassung der neu vereinbarte Zinssatz mit dem jeweils aktuellen Maßstabszinssatz zu vergleichen. Im Falle einer Prolongation ist der neu vereinbarte Zinssatz mit dem Maßstabszinssatz im Zeitpunkt der Prolongationsvereinbarung zu vergleichen.
2.2 Bewertung nach § 8 Absatz 3 EStG (für Kreditinstitute)
Diese Bewertungsmethode kann angewendet werden, wenn der Arbeitgeber (z.B. ein Kreditinstitut) Darlehen gleicher Art zu gleichen Konditionen (mit Ausnahme des Zinssatzes) überwiegend an betriebsfremde Dritte vergibt.
- Maßstabszinssatz: Der Endpreis im Sinne des § 8 Absatz 3 EStG ist grundsätzlich der Preis, der im Preisaushang des Kreditinstituts angegeben ist. Von diesem Effektivzinssatz ist stets ein Abschlag von 4 % vorzunehmen.
- Rabattfreibetrag: Vorteile, die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergeben, sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Absatz 3 Satz 2 EStG).
Beispielrechnung für die Ermittlung des Zinsvorteils (nach § 8 Abs. 3 EStG mit Rabattfreibetrag): Ein Kreditinstitut überlässt einem Arbeitnehmer ein Darlehen von 150.000 € zum Effektivzinssatz von 2 % jährlich. Darlehen gleicher Art werden fremden Kunden zu 4,5 % angeboten. Nach Abzug eines Abschlags von 4 % vom Angebotspreis des Arbeitgebers (0,04 x 4,5 % = 0,18 %) ergibt sich ein Maßstabszinssatz von 4,32 % (4,5 % - 0,18 %). Für ein Darlehen von 100.000 € beträgt der Zinsvorteil (4,32 % von 100.000 €) 4.320 € abzüglich der Zinslast des Arbeitnehmers von 2.000 € (2 % von 100.000 €), was einen Zinsvorteil von 2.320 € ergibt. Nach Abzug des Rabattfreibetrags von 1.080 €verbleibt ein zu versteuernder Zinsvorteil von 1.240 € pro Jahr. Vierteljährlich wären dies 310 €.
3. Steuerfreigrenzen und Wahlrechte
- 2.600 € Freigrenze: Zinsvorteile, die der Arbeitnehmer durch Arbeitgeberdarlehen erhält, sind Sachbezüge. Sie sind als solche nur dann zu versteuern, wenn die Summe der noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeitraums 2.600 € übersteigt. Liegt der Betrag darunter, sind die Zinsvorteile nicht als Arbeitslohn zu versteuern.
- 50 € Sachbezugsfreigrenze: Die Freigrenze für Sachbezüge von aktuell 50 € monatlich (§ 8 Absatz 2 Satz 11 EStG) ist auch auf Zinsvorteile anwendbar. Es ist dabei zu prüfen, ob diese Freigrenze nicht bereits durch andere Sachbezüge (z. B. Benzingutschein) ausgeschöpft wurde. Achtung: Wird die Grenze auch nur geringfügig überschritten, ist der gesamte Betrag ab dem ersten Euro lohnsteuerpflichtig. Die Sachbezugsfreigrenze wurde zum 01.01.2022 auf 50 € erhöht.
- Wahlrechte: Der Arbeitnehmer kann den Zinsvorteil im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG bewerten, auch wenn der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren eine Bewertung nach § 8 Absatz 3 Satz 1 EStG vorgenommen hat.
4. Besondere Situationen
- Gesellschafter-Geschäftsführer: Für Gesellschafter-Geschäftsführer gelten die Regelungen entsprechend. Es ist zusätzlich zu beachten, dass alle Vergütungen, einschließlich geldwerter Vorteile wie Zinsvorteile, im Voraus klar und eindeutig vereinbart sein müssen, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden.
- Zufluss von Arbeitslohn: Als Zuflusszeitpunkt für Zinsvorteile gilt der Fälligkeitstermin der Zinsen. Bei zinslosen Darlehen ist der Zufluss in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem das Entgelt üblicherweise fällig wäre, was meist zusammen mit der Tilgungsrate der Fall wäre.
- Verzicht auf Sicherheitenbestellung: Setzt der Zinssatz eines vergleichbaren Darlehens eine Sicherheitenbestellung (z.B. eine Grundschuldbestellung) voraus, so ist der Verzicht des Arbeitgebers auf eine solche Bestellung ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil. Dieser Vorteil umfasst die üblichen Kosten und Gebühren des Grundbuchamtes und des Notars für eine dingliche Sicherung des Darlehens und ist zum Auszahlungsdatum des Darlehens anzusetzen.
- Pauschalierung der Lohnsteuer: Ein steuerpflichtiger Zinsvorteil kann unter bestimmten Voraussetzungen nach § 37b EStG pauschal besteuert werden. Zudem können Zinsvorteile als sonstige Bezüge im Sinne des § 40 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG angesehen werden, wenn der Zinszahlungszeitraum den Lohnzahlungszeitraum überschreitet.
5. Dokumentationspflichten
Der Arbeitgeber hat die Unterlagen für den ermittelten und der Lohnversteuerung zugrunde gelegten Endpreis sowie die Berechnung der Zinsvorteile zu dokumentieren, als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren und dem Arbeitnehmer auf Verlangen formlos mitzuteilen.
6. Vereinfachungsregelungen für Kreditinstitute
Das Betriebsstättenfinanzamt kann auf Antrag eines Kreditinstituts Ausnahmen von der Aufzeichnung bestimmter geldwerter Vorteile zulassen, die sich aus unentgeltlicher oder verbilligter Kontenführung, Geldautomatennutzung, Kreditkartenausgabe, Depotführung bis 60.000 €, Überlassung von Schließfächern und Banksafes sowie der Beschaffung und Rücknahme von Devisen durch Barumtausch ergeben. Voraussetzung ist unter anderem, dass der durchschnittliche Vorteil unter Berücksichtigung eines Preisabschlags von 4 % ermittelt und der übersteigende Betrag pauschal nach § 40 Abs. 1 EStG versteuert wird.
7. Anrufungsauskunft
Für Sachverhalte zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen kann eine Anrufungsauskunft im Sinne des § 42e EStG eingeholt werden.
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