Steuerliche Behandlung der Essens- und Getränkegestellung

Erstellt von Sebastian Schulze, Geändert am So, 13 Jul um 3:11 NACHMITTAGS von Sebastian Schulze

Steuerliche Behandlung der Essens- und Getränkegestellung bei Festivals


Die steuerliche Beurteilung der Bereitstellung von Essen und Getränken bei Festivals ist komplex und hängt maßgeblich von der rechtlichen Stellung der Empfänger (Arbeitnehmer, Selbstständige, Ehrenamtliche) und dem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Veranstalters ab. Eine präzise und umfassende Dokumentation der betrieblichen Veranlassung ist entscheidend, um steuerliche Risiken zu minimieren.


1. Grundlegendes Konzept: Das eigenbetriebliche Interesse


Ein „eigenbetriebliches Interesse“ des Arbeitgebers oder Veranstalters liegt vor, wenn die Verpflegung nicht als Entlohnung dient, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen gewährt wird. Dies ist der Fall, wenn der betriebliche Zweck der Zuwendung im Vordergrund steht und ein Eigeninteresse der Empfänger vernachlässigt werden kann. Beispiele hierfür sind außergewöhnliche Arbeitseinsätze, bei denen die Verpflegung zur Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs oder zur Aufrechterhaltung der Produktivität dient. Mahlzeiten, die bei beruflich veranlassten Auswärtstätigkeiten gestellt werden und bis zu 60 Euro kosten, gelten gesetzlich nicht als Arbeitslohn, sofern eine Verpflegungspauschale geltend gemacht werden könnte.


2. Steuerliche Behandlung der Empfängergruppen


2.1. Ehrenamtliche Hilfskräfte (Volunteers)

  • Grundsätzliches: Wenn die ehrenamtliche Tätigkeit unentgeltlich ausgeübt wird und keine Einnahmen oder Vergütungen fließen, sind keine steuerlich relevanten Einkünfte vorhanden.
  • Steuerpflicht bei Einnahmen: Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit können steuerlich relevant werden, wenn eine Überschusserzielungsabsicht besteht, d.h., die Einnahmen übersteigen die steuerlich anzuerkennenden Ausgaben.
  • Freibeträge: Für ehrenamtliche Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich gibt es den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG von 840 € jährlich. Ein Abzug von Werbungskosten ist nur möglich, wenn Einnahmen und Ausgaben den Freibetrag übersteigen. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG (Ehrenamtspauschale) kann in Betracht kommen, wenn die Gutscheine eine Aufwandsentschädigung darstellen.
  • Sachbezüge (wie Essensgutscheine): Sachbezüge sind grundsätzlich als Arbeitslohn zu versteuern, auch bei Freiwilligendiensten, wobei der amtliche Sachbezugswert anzusetzen ist. Allerdings gilt dies nicht, wenn die Essensgestellung im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Veranstalters erfolgt, zum Beispiel zur Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Hilfskräfte während des Festivals.
  • 50-Euro-Freigrenze: Die monatliche Freigrenze von 50 Euro für Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG), die für Arbeitnehmer gilt, ist auf ehrenamtliche Hilfskräfte nicht anwendbar.


2.2. Artisten und Freelancer (Selbstständige)

  • Grundsätzliches: Da Künstler und Freelancer selbstständig tätig sind, gelten Zuwendungen wie Mahlzeiten nicht als Arbeitslohn. Stattdessen könnten die Mahlzeiten oder Gutscheine als Betriebseinnahmen behandelt werden, wenn sie einen wirtschaftlichen Vorteil darstellen.
  • Eigenbetriebliches Interesse: Erfolgt die Gestellung von Essen und Trinken zur Sicherstellung des reibungslosen Festivalablaufs, liegt ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Veranstalters vor, und keine steuerliche Erfassung bei den Empfängern ist erforderlich. Eine Besteuerung als Betriebseinnahme wird nur dann nicht erforderlich, wenn die Gestellung ausschließlich der Durchführung des Festivals dient und nicht als Entlohnung.
  • 50-Euro-Freigrenze: Ähnlich wie bei Volunteers ist die für Arbeitnehmer geltende 50-Euro-Freigrenze für Sachbezüge auf selbstständige Künstler und Freelancer nicht anwendbar. Jeder wirtschaftliche Vorteil, der nicht ausschließlich dem betrieblichen Interesse dient, kann als steuerpflichtige Betriebseinnahme eingestuft werden.


3. Essens- und Getränkegutscheine im Detail


Die steuerliche Behandlung von Essens- und Getränkegutscheinen hängt stark von ihrer Ausgestaltung ab.

  • Sachbezug vs. Geldleistung: Essensgutscheine können als Sachbezug gelten, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei einem Arbeitgeber oder Dritten berechtigen. Eine Auszahlung des Nennwerts oder eine nachträgliche Kostenerstattung macht sie zu einer Geldleistung.
  • Amtlicher Sachbezugswert: Wenn Essensmarken oder Restaurantschecks ausgegeben werden, entsteht kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil, sofern der Arbeitnehmer mindestens den amtlichen Sachbezugswert für das Essen selbst bezahlt. Für 2025 beträgt der Sachbezugswert für ein Mittag- oder Abendessen 4,23 Euro pro Mahlzeit, für ein Frühstück 2,17 Euro pro Mahlzeit. Die Versteuerung nach § 37b EStG (Pauschalierung der Lohnsteuer) ist bei der Bewertung mit dem Sachbezugswert ausgeschlossen.
  • Zweckbindung: Eine steuerliche Erfassung ist bei Selbstständigen nur dann nicht erforderlich, wenn Gutscheine ausschließlich zur Sicherstellung des Festivalbetriebs ausgegeben werden. Dies erfordert eine strikte Bindung an den betrieblichen Zweck, z.B. durch Einlösbarkeit nur auf dem Gelände, für bestimmte Mahlzeiten und während der aktiven Arbeitszeit.


4. Phasenbezogene Bewertung der Verpflegung


Die Einordnung des "eigenbetrieblichen Interesses" kann je nach Festivalphase variieren:

  • Aufbau- und Abbauphasen: Die Verpflegung interner Crew-Mitglieder während dieser Phasen (z.B. durch eine interne Crew-Küche) liegt in der Regel im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Veranstalters. Dies ist durch die besonderen Umstände (außergewöhnliche Arbeitseinsätze, lange Arbeitszeiten, fehlende externe Verpflegungsmöglichkeiten) begründet, die eine Verpflegung vor Ort zur Aufrechterhaltung der Produktivität notwendig machen.
  • Während des Festivals (Künstler & Freelancer):
    • Eigener Essensstand/Gutscheine/Listen: Wenn dieser dazu dient, Künstler und Freelancer während ihrer Arbeitszeit auf dem Gelände effizient zu versorgen, liegt ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse vor, und die Verpflegung ist steuerlich unproblematisch. Besteht jedoch ein "Entlohnungscharakter" oder Komfort, der über das Notwendige hinausgeht, könnte es als steuerpflichtige Betriebseinnahme gelten.
    • Getränke-Freimarken: Die Beurteilung folgt den gleichen Prinzipien wie bei Essensgutscheinen. Eine breite Einlösbarkeit der Freimarken "an allen Bars" birgt jedoch ein erhebliches Risiko, da sie die Argumentation des "eigenbetrieblichen Interesses" untergraben kann. Wenn die Freimarken nicht klar an die unmittelbare Arbeitsleistung gekoppelt sind, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Vorteil eingestuft werden.


5. Betriebsausgabenabzug für den Veranstalter

  • Die Kosten für die Gestellung von Essen und Getränken können für den Veranstalter als Betriebsausgaben abziehbar sein, wenn sie im überwiegenden betrieblichen Interesse liegen, z.B. zur Sicherstellung der Verpflegung während des Festivals.
  • Abgrenzung zu Bewirtungskosten: Catering für das Filmteam am Set (oder analog für Festival-Crew) ist meist nicht als Bewirtung abzugsfähig im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG, selbst wenn es zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig ist. Solche Kosten fallen unter nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gemäß § 12 Nr. 1 EStG, wenn das Catering lediglich der logistischen Versorgung dient. Bewirtungskosten für Geschäftspartner hingegen sind nur zu 70 % abzugsfähig und unterliegen strengen Dokumentationspflichten (Ort, Tag, Teilnehmer, Anlass, Höhe). Eine gesonderte Aufzeichnung dieser Aufwendungen ist für den Abzug als Betriebsausgabe zwingend vorgeschrieben.
  • Umsatzsteuer: Die Ausgabe von Essensgutscheinen kann umsatzsteuerlich als Lieferung oder sonstige Leistung behandelt werden. Wenn Gutscheine nur für Mahlzeiten eingelöst werden können, ist der Umsatzsteuersatz der Mahlzeit maßgeblich. Mehrzweckgutscheine lösen die Umsatzsteuer erst bei Einlösung aus. Angemessene und nachgewiesene Bewirtungsaufwendungen berechtigen zum Vorsteuerabzug, auch wenn sie ertragsteuerlich nur beschränkt abzugsfähig sind. Die Gestellung von Mahlzeiten kann umsatzsteuerlich als unentgeltliche Wertabgabe behandelt werden, wenn sie nicht im überwiegenden betrieblichen Interesse erfolgt; andernfalls ist keine Umsatzsteuer zu erheben.


6. Bedeutung der Dokumentation und Risikominimierung


Die genaue und umfassende Dokumentation ist der wichtigste Schutzschild bei möglichen Steuerprüfungen. Sie muss klar belegen, dass die Verpflegung betrieblich veranlasst war.

Empfehlungen für die Dokumentation:

  • Interne Richtlinien: Definieren Sie klar den Zweck der Verpflegung in allen Phasen als betriebliche Notwendigkeit und nicht als Entlohnung.
  • Anlass und Notwendigkeit: Begründen Sie detailliert, warum die Verpflegung vor Ort unerlässlich war (z.B. Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs, lange Arbeitszeiten, fehlende externe Verpflegungsmöglichkeiten, Zeitersparnis).
  • Empfänger und Funktion: Führen Sie genaue Listen der Personen, die Verpflegung erhalten haben, und ihrer jeweiligen Funktion im Rahmen des Festivals.
  • Zweckbindung: Belegen Sie, dass die Verpflegung nicht als Entlohnung, sondern als betriebliche Notwendigkeit erfolgte, z.B. durch eingeschränkte Einlösbarkeit von Gutscheinen (Ort, Zeit, nur für bestimmte Mahlzeiten).
  • Kostenaufstellung: Erfassen Sie genau alle Ausgaben für die Verpflegung.
  • Vertragliche Regelungen: Halten Sie in Verträgen mit Künstlern und Freelancern explizit fest, dass die Verpflegung eine betrieblich notwendige Leistung darstellt und nicht Teil der vereinbarten Gage ist. Dies ist besonders wichtig, da die 50-Euro-Freigrenze für diese Gruppen nicht gilt.

Für gemeinnützige Unternehmergesellschaften (gUGs) ist eine noch präzisere Dokumentation erforderlich, um sicherzustellen, dass die Ausgaben für Verpflegung mit den gemeinnützigen Zwecken der gUG im Einklang stehen und keine verdeckten Gewinnausschüttungen darstellen.

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