Einnahmen gemeinnütziger Organisationen

Erstellt von Sebastian Schulze, Geändert am Di, 1 Jul um 12:00 NACHMITTAGS von Sebastian Schulze

Gemeinnützige Organisationen in Deutschland unterliegen einem differenzierten Steuersystem, das ihre Tätigkeiten in vier sogenannte "Sphären" unterteilt: den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung, den Zweckbetrieb und den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb


Diese Einteilung ist von zentraler Bedeutung für die korrekte steuerliche Behandlung der Einnahmen und zur Wahrung des Gemeinnützigkeitsstatus. 


Die strikte Einhaltung der Vorgaben des Vier-Sphären-Modells ist eine grundlegende Anforderung der Finanzverwaltung, deren Einhaltung regelmäßig überprüft werden muss.


Im Folgenden werden die einzelnen Sphären sowie die steuerliche Behandlung von Einnahmen, einschließlich der Veräußerung von Anlagevermögen, detailliert dargestellt:


1. Ideeller Bereich


Der ideelle Bereich bildet das Herzstück der gemeinnützigen Tätigkeit. Er umfasst alle Aktivitäten, die der Verwirklichung der in der Satzung verankerten gemeinnützigen Zwecke dienen, ohne dass ein wirtschaftlicher Leistungsaustausch stattfindet. Einnahmen in diesem Bereich sind durch ihren unentgeltlichen Charakter gekennzeichnet.


  • Typische Einnahmequellen:
    • Echte Mitgliedsbeiträge (dienen der Förderung des Vereinszwecks als Ganzes, ohne spezifische individuelle Gegenleistung).
    • Spenden und Erbschaften (unentgeltliche Zuwendungen ohne Gegenleistung).
    • Echte Zuschüsse (Fördermittel ohne die Erbringung einer konkreten Gegenleistung für den Zuschussgeber).
  • Ertragsteuerliche Behandlung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer):
    • Einnahmen und Überschüsse im ideellen Bereich sind vollständig von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit.
  • Umsatzsteuerliche Behandlung:
    • Tätigkeiten im ideellen Bereich gelten als nicht-unternehmerisch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Daher sind die Einnahmen nicht steuerbar, und es fällt keine Umsatzsteuer an.
    • Ein Vorsteuerabzug für Ausgaben in diesem Bereich ist nicht möglich.

2. Vermögensverwaltung


Die Vermögensverwaltung ist die Sphäre, in der gemeinnützige Organisationen ihr Vermögen passiv nutzen, um Einnahmen zu erzielen, ohne aktiv am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilzunehmen.


  • Typische Einnahmequellen:
    • Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden und Erträge aus Wertpapieren.
    • Langfristige Vermietung und Verpachtung von Immobilien oder Anlagen zu marktüblichen Konditionen, z.B. die Verpachtung einer Vereinsgaststätte an einen externen Wirt.
    • Passive Überlassung von Werberechten oder -flächen, bei der die Organisation keine aktive Rolle bei der Werbung übernimmt.
  • Ertragsteuerliche Behandlung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer):
    • Überschüsse und Gewinne aus der Vermögensverwaltung sind vollständig von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit.
  • Umsatzsteuerliche Behandlung:
    • Einnahmen aus der Vermögensverwaltung sind umsatzsteuerlich grundsätzlich steuerbar, da sie aus einer unternehmerischen Tätigkeit stammen.
    • Häufig sind diese Umsätze jedoch umsatzsteuerbefreit, z.B. die langfristige Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 UStG. Zinserträge und Dividenden sind ebenfalls nicht umsatzsteuerpflichtig.
    • Falls keine Befreiung greift und der Umsatz steuerpflichtig ist, unterliegt er dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%.
    • Ein Vorsteuerabzug ist nur für Ausgaben möglich, die mit steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen.
  • Abgrenzung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb: Die Grenze zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb wird überschritten, wenn die Organisation eine aktive, unternehmerische Rolle einnimmt, z.B. durch kurzfristige, wiederholte Vermietung mit Zusatzleistungen.


3. Zweckbetrieb


Ein Zweckbetrieb ist eine wirtschaftliche Betätigung, die unmittelbar der Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke dient. Er genießt trotz unternehmerischen Handelns die gleichen ertragsteuerlichen Vergünstigungen wie der ideelle Bereich.

  • Voraussetzungen nach § 65 AO:
    • Die Tätigkeit muss in ihrer Gesamtrichtung dem steuerbegünstigten Satzungszweck dienen (Zweckdienlichkeit).
    • Der Satzungszweck darf nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (Erforderlichkeit/Zwecknotwendigkeit).
    • Der Geschäftsbetrieb darf zu nicht begünstigten, ähnlichen Betrieben nur in einem unvermeidlichen Umfang in Wettbewerb treten (Wettbewerbsneutralität).
  • Katalog-Zweckbetriebe (§§ 66-68 AO): Der Gesetzgeber hat bestimmte Tätigkeiten als Zweckbetriebe definiert, z.B. Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Werkstätten für behinderte Menschen, kulturelle Einrichtungen und sportliche Veranstaltungen unter bestimmten Voraussetzungen.
  • Typische Einnahmequellen:
    • Eintrittsgelder oder Teilnahmebeiträge für gemeinnützige kulturelle oder pädagogische Angebote (z.B. Museen, Theater, Volkshochschulen).
    • Entgelte im Gesundheits- und Sozialbereich (z.B. Pflege- und Betreuungsentgelte von Pflegeheimen oder Krankenhäusern).
    • Erlöse aus Werkstätten für behinderte Menschen.
    • Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen, sofern die Einnahmen aus allen sportlichen Veranstaltungen die Grenze von 45.000 € pro Jahr nicht übersteigen oder die strengeren Kriterien des § 67a Abs. 3 AO erfüllt sind.
  • Ertragsteuerliche Behandlung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer):
    • Gewinne aus einem Zweckbetrieb sind vollständig von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit.
  • Umsatzsteuerliche Behandlung:
    • Umsätze im Zweckbetrieb sind grundsätzlich steuerbar. Häufig sind sie durch spezifische Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 UStG umsatzsteuerfrei (z.B. für Gesundheits-, Bildungs- oder kulturelle Leistungen).
    • Sofern keine Steuerbefreiung greift, unterliegen die Umsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%.
    • Ein Vorsteuerabzug ist für Ausgaben im Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen grundsätzlich möglich.
  • Abgrenzung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb: Der Zweckbetrieb ist streng abzugrenzen. Tätigkeiten, die in erster Linie der Einnahmeerzielung dienen und nicht zwingend für den gemeinnützigen Zweck erforderlich sind, werden dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet.


4. Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb


Dieser Bereich umfasst alle wirtschaftlichen Aktivitäten, die weder dem ideellen Bereich, der Vermögensverwaltung noch einem Zweckbetrieb zugeordnet werden können. Sie dienen primär der Mittelbeschaffung.

  • Typische Einnahmequellen:
    • Betrieb einer Vereinsgaststätte, eines Kiosks oder einer Kantine, die allgemein zugänglich sind.
    • Verkauf von Waren oder Merchandise-Artikeln, z.B. Fanartikel, T-Shirts.
    • Aktive Erbringung von Werbeleistungen und Sponsoring mit Gegenleistungen (z.B. Bandenwerbung, Logo-Platzierungen).
    • Kurzfristige Vermietung von Sportanlagen oder Räumlichkeiten an Nichtmitglieder, oft mit zusätzlichen Dienstleistungen.
    • Organisation und Durchführung von rein geselligen oder kommerziellen Veranstaltungen (z.B. Feste, Bälle, Flohmärkte).
  • Ertragsteuerliche Behandlung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer):
    • Gewinne aus diesem Bereich sind grundsätzlich steuerpflichtig.
    • Besteuerungsfreigrenze (§ 64 Abs. 3 AO): Wenn die jährlichen Einnahmen (brutto, inkl. Umsatzsteuer) aus allen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben 45.000 € nicht übersteigen, sind die Gewinne steuerfrei. Bei Überschreitung der Grenze wird der gesamte Gewinn steuerpflichtig.
    • Freibetrag (§ 24 KStG): Wird die Freigrenze überschritten, kann ein Freibetrag von 5.000 € vom zu versteuernden Gewinn abgezogen werden. Der verbleibende Gewinn unterliegt der Körperschaftsteuer (15% zzgl. Solidaritätszuschlag) und der Gewerbesteuer (abhängig vom Hebesatz der Gemeinde).
  • Umsatzsteuerliche Behandlung:
    • Umsätze in diesem Bereich sind umsatzsteuerlich wie bei jedem Unternehmen zu behandeln und unterliegen grundsätzlich dem Regelsteuersatz von 19%.
    • Die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) kann angewendet werden, wenn die Umsätze im Vorjahr 22.000 € und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen.
    • Ein voller Vorsteuerabzug für bezogene Leistungen ist möglich.


Sonderthema - Verkauf von Anlagevermögen durch gemeinnützige Organisationen

Die steuerliche Einordnung des Verkaufs von Anlagevermögen hängt entscheidend davon ab, welcher der vier Sphären das Wirtschaftsgut zuvor zugeordnet war.

  • Zuordnung des Anlagevermögens:
    • Bewegliches Anlagevermögen (z.B. Fahrzeuge, Maschinen): Es gilt das Überwiegensprinzip. Das Wirtschaftsgut wird vollständig der Sphäre zugeordnet, in der es überwiegend (> 50%) genutzt wird.
    • Unbewegliches Anlagevermögen (Grundstücke und Gebäude): Hier gilt das Überwiegensprinzip nicht. Grundstücke und Gebäude müssen je nach tatsächlicher Nutzung aufgeteilt werden. Jeder unterschiedlich genutzte Gebäudeteil stellt ein eigenes Wirtschaftsgut dar, das der entsprechenden Sphäre zuzuordnen ist.
  • Ertragsteuerliche Bewertung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer):
    • Verkauf aus dem Ideellen Bereich, der Vermögensverwaltung oder dem Zweckbetrieb: Der Gewinn aus der Veräußerung ist grundsätzlich ertragsteuerfrei. Es handelt sich um eine reine Vermögensumschichtung.
    • Verkauf aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb: Der Veräußerungsgewinn (Aufdeckung stiller Reserven) ist steuerpflichtig. Er wird zu den laufenden Gewinnen des Geschäftsbetriebs addiert und unterliegt den oben genannten Freigrenzen und Freibeträgen.
  • Umsatzsteuerliche Bewertung:
    • Verkauf aus dem Ideellen Bereich: Ist nicht umsatzsteuerbar, wenn das Anlagevermögen ausschließlich im nichtunternehmerischen (ideellen) Bereich genutzt wurde.
    • Verkauf aus der Vermögensverwaltung: Oft umsatzsteuerbefreit, z.B. der Verkauf von Grundstücken (§ 4 Nr. 9a UStG). Falls nicht befreit und steuerpflichtig, gilt der ermäßigte Steuersatz von 7%.
    • Verkauf aus dem Zweckbetrieb: Ist in der Regel steuerbar. Für Hilfsgeschäfte wie den Verkauf von gebrauchten Anlagegütern gilt der ermäßigte Steuersatz von 7%, sofern das Gut nicht in einem steuerpflichtigen Teil des Unternehmens genutzt wurde. Steuerfreiheit gem. § 4 Nr. 28 UStG, soweit die Möglichkeit des Abzuges von Vorsteuer nicht möglich war.
    • Verkauf aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb: Ist steuerbar und unterliegt dem Regelsteuersatz von 19%.
  • Besondere Hinweise:
    • Zeitnahe Mittelverwendung: Werden Vermögensgegenstände veräußert, die satzungsmäßigen Zwecken dienen und aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft wurden, müssen die Veräußerungserlöse erneut zeitnah im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden. Erlöse aus "zulässigem Vermögen" (z.B. Erbschaften oder Spenden, die zur Vermögensbildung bestimmt waren) unterliegen dieser Pflicht nicht.
    • Gewerblicher Grundstückshandel: Ein hohes Risiko besteht, wenn eine gemeinnützige Organisation mehrere Immobilien verkauft. Bei der Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von fünf Jahrenkann die Finanzverwaltung einen gewerblichen Grundstückshandel unterstellen. Dies würde dazu führen, dass die gesamte Tätigkeit als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingestuft wird und alle Veräußerungsgewinne rückwirkend der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegen.


Für eine detaillierte und auf den Einzelfall zugeschnittene Beratung wird stets die Konsultation eines spezialisierten Steuerberaters empfohlen.

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