Steuererklärungspflichten gemeinnütziger Organisationen

Erstellt von Sebastian Schulze, Geändert am Di, 1 Jul um 12:48 NACHMITTAGS von Sebastian Schulze

1. Allgemeine Steuererklärungspflicht gemeinnütziger Organisationen


Gemeinnützige Körperschaften, einschließlich gemeinnütziger Kapitalgesellschaften, sind grundsätzlich zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet. Diese Verpflichtung dient der Überprüfung, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung, insbesondere die Einhaltung der Satzungsbestimmungen und der Anforderungen der §§ 51 bis 68 AO, erfüllt sind. Das für die betreffende Körperschaft zuständige Finanzamt prüft dies regelmäßig nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums anhand eines besonderen Steuererklärungsvordrucks (Fragebogens). Allein die verspätete Abgabe der Steuererklärung ist nicht ausreichend, um einem Verein die Gemeinnützigkeit abzusprechen, wenn sie nicht zugleich zu einer Steuerhinterziehung führt.


Die Steuerbefreiung wird durch die Steuererklärung überprüft, auch wenn keine Steuerpflicht besteht. Die Erklärungen beziehen sich auf Angaben zur Körperschaft- und Gewerbesteuer. Steuererklärungen müssen authentifiziert elektronisch über das ELSTER-Portal übermittelt werden.


2. Die „Drei-Jahres-Regel“ (Vereinfachungsregelung)


Für gemeinnützige Körperschaften gibt es eine Vereinfachungsregelung, die sogenannte „Drei-Jahres-Regel“.


  • Regelmäßiger Prüfturnus: Das zuständige Finanzamt überprüft die Steuerbefreiung und die Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO spätestens alle drei Jahre. In diesem Turnus soll die Steuerbefreiung überprüft werden (Billigkeitsregelung).
  • Abgabehäufigkeit: Gemeinnützige Körperschaften, die nicht wegen umfangreicher wirtschaftlicher Betätigungen regelmäßig Steuern zahlen müssen, reichen die Erklärung im Allgemeinen nur in dreijährigem Abstand anhand der vereinfachten Erklärung Gem 1 (bis einschließlich VZ 2016 alternativ die Anlage Gem 1A für Sportvereine) bzw. seit VZ 2017 der Anlage Gem ein.
  • Fokus der Prüfung: Die Prüfung umfasst alle drei Jahre, wobei der Schwerpunkt auf dem letzten Jahr liegt.
  • Umfang der Unterlagen: Unabhängig vom dreijährigen Prüfungszeitraum müssen für jedes Jahr, das die Erklärung umfasst, eine Aufgliederung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben (ggf. ein Jahresabschluss nach HGB oder eine Gewinnberechnung nach § 4 Abs. 3 EStG), eine Vermögensaufstellung sowie ein Geschäfts- oder Tätigkeitsbericht beigefügt werden. Der Tätigkeitsbericht ist dabei jährlich zu erstellen, unabhängig vom dreijährigen Turnus der Steuererklärung.
  • Freistellungsbescheid: Wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Körperschaft in vollem Umfang gegeben sind, wird ein Freistellungsbescheid erteilt, der die Steuerbefreiung des jeweils überprüften Veranlagungszeitraums bestätigt. Dieser Bescheid wird wie ein Steuerbescheid behandelt.


Wichtiger Hinweis: Die Drei-Jahres-Regel ist eine Vereinfachungsregelung der Finanzbehörden, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Finanzämter versenden bei Ablauf der Drei-Jahres-Frist oft keine automatische Erinnerung mehr, sondern drohen bei Fristüberschreitung direkt mit Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Es ist daher Sache der Organisation, spätestens nach drei Jahren unaufgefordert die Erklärung einzureichen.


3. Ausnahmen von der Drei-Jahres-Regel (Jährliche Erklärungspflicht)


In bestimmten Fällen müssen gemeinnützige Körperschaften ihre Steuererklärungen jährlich abgeben:


  • Gemeinnützige Kapitalgesellschaften: Diese sind von der Drei-Jahres-Regel ausgenommen und müssen ihre Steuererklärungen jährlich einreichen. Dies liegt daran, dass bei ihnen jährlich das steuerliche Einlagekonto festgestellt werden muss (§ 27 Abs. 1 KStG).
  • Umfangreiche wirtschaftliche Betätigungen / Steuerpflichtiger Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (WGB):
    • Körperschaften, die einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Einnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) €45.000 pro Jahr überschreiten, müssen jährlichSteuererklärungen abgeben.
    • Wird im laufenden Veranlagungszeitraum ein Verlust aus einem steuerpflichtigen WGB gesondert festgestellt, so ist für die Folgejahre jährlich eine Erklärung einzureichen.
    • In diesen Fällen fällt Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer an, wobei ein Freibetrag von €5.000 auf den zu versteuernden Gewinn des WGB gilt (§ 24 KStG für Körperschaftsteuer und § 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG für Gewerbesteuer). Es besteht ein Widerspruch in den Quellen: Während die meisten Quellen angeben, dass dieser Freibetrag allen gemeinnützigen Körperschaften zusteht, besagt eine Quelle, dass gemeinnützigen Kapitalgesellschaften dieser besondere Freibetrag nach § 24 KStG nicht zusteht.
  • Finanzamtliche Aufforderung: Wenn das Finanzamt die Körperschaft zur Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung (bzw. des Fragebogens zur Gemeinnützigkeit) auffordert, ist die Erklärung abzugeben. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Abgabe von Steuererklärungen (§§ 149 ff. AO).
  • Neugründungsfälle: Die erste Steuererklärung (Anlage Gem 1) ist in der Regel nach Ablauf des Gründungsjahres einzureichen. Ist eine eingehende Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung des Gründungsjahres noch nicht möglich, z.B. weil die Körperschaft nur für einen kurzen Zeitraum bestand, ist auch das auf das Gründungsjahr folgende (volle) Kalender-/Wirtschafts-Jahr in die Überprüfung einzubeziehen.
  • Umsatzsteuerpflicht: Besteht Umsatzsteuerpflicht, ist die Umsatzsteuerjahreserklärung gem. § 18 Abs. 4 UStG jährlich einzureichen, unabhängig vom dreijährigen Prüfungszeitraum für die Ertragsteuerbefreiung.
  • Empfang von Geldauflagen: Steuerbegünstigte Körperschaften, die aufgrund der Aufnahme in die Datenbank der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf Geldauflagen in Straf- und Gnadenverfahren erhalten können, sind ebenfalls jährlich zu prüfen.
  • Empfang öffentlicher Zuschüsse: Steuerbegünstigte Körperschaften, die Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, werden auf ihren Antrag hin für jeden Veranlagungszeitraum überprüft.


4. Erforderliche Formulare und Unterlagen


Die Hauptformulare, die gemeinnützige Organisationen einreichen müssen, sind:

  • KSt 1 (Körperschaftsteuererklärung): Der Mantelbogen für die Körperschaftsteuererklärung.
  • Anlage Gem: Die Gemeinnützigkeitserklärung ist seit dem Veranlagungszeitraum 2017 unter Elster in den Vordruck KSt 1 integriert und muss immer zusammen mit diesem eingereicht werden.
  • Anlage Gem 1A: Zusätzlich für Sportvereine (bis VZ 2016 alternativ, danach allgemein für Sportvereine).
  • Anlage GK (Gewinn- und Verlustrechnung) und Anlage EÜR (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) können bei steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben mit Einnahmen über 45.000 Euro zusätzlich erforderlich sein.

Begleitende Unterlagen, die für jedes Jahr, das die Erklärung umfasst, beizufügen sind, umfassen:

  • Eine Aufgliederung der Einnahmen und Ausgaben (ggf. ein Jahresabschluss nach HGB oder eine Gewinnberechnung nach § 4 Abs. 3 EStG).
  • Eine Vermögensaufstellung.
  • Ein Geschäfts- oder Tätigkeitsbericht. Dieser muss jährlich erstellt werden, unabhängig vom dreijährigen Turnus der Steuererklärung.
  • Protokolle der Mitgliederversammlungen.
  • Eine aktuelle Satzung (bei Änderungen in den letzten drei Jahren).
  • Aktuelle Anschriften der Vorstandsmitglieder.
  • Bei Anlagevermögen ein Anlagenverzeichnis.

Die Einnahmen und Ausgaben einer steuerbegünstigten Körperschaft können in vier Tätigkeitsbereiche unterteilt werden:

  • Ideeller Bereich: Einnahmen wie Mitgliedsbeiträge, Spenden, echte Zuschüsse. Diese sind in der Regel von Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer befreit.
  • Vermögensverwaltung: Einnahmen aus der Nutzung des Vermögens, z.B. Zinserträge, Mieteinnahmen. Diese sind ebenfalls von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit und in der Regel umsatzsteuerfrei.
  • Zweckbetrieb: Tätigkeiten, die unmittelbar der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke dienen. Gewinne sind von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit; Umsätze unterliegen oft dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.
  • Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (WGB): Selbstständige, nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, die nicht unmittelbar dem gemeinnützigen Zweck dient. Gewinne sind grundsätzlich körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig und unterliegen dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer von 19 %. Bei Überschreiten der €45.000 Brutto-Umsatzfreigrenze wird der gesamte Umsatz aus diesem Betrieb steuerpflichtig.


5. Abgabefristen


Die reguläre Abgabefrist für Steuererklärungen ist der 31. Juli des Folgejahres. Wird ein Steuerberater beauftragt, verlängert sich diese Frist in der Regel bis zum 28./29. Februar des übernächsten Jahres. Für das Steuerjahr 2024 verlängert sich die Frist mit Steuerberater bis zum 30. April 2026.

Bei nicht fristgerechter Abgabe können Verspätungszuschläge anfallen, und es kann zum Verlust der Gemeinnützigkeit kommen.


6. Unterschiede zwischen gemeinnützigen Vereinen und Kapitalgesellschaften


Die steuerlichen Erklärungspflichten für gemeinnützige Kapitalgesellschaften (wie gGmbH, gUG, gAG) und gemeinnützige Vereine sind weitgehend identisch, da beide als „steuerbegünstigte Körperschaften“ gelten und denselben Freigrenzen, Freibeträgen und Abgabemodalitäten unterliegen. Praktisch ergeben sich jedoch einige Unterschiede:

  • Häufigkeit der Erklärungen:
    • Gemeinnützige Kapitalgesellschaften sind grundsätzlich zur jährlichen Abgabe der Steuererklärung verpflichtet, da jährlich das steuerliche Einlagekonto festgestellt werden muss.
    • Gemeinnützige Vereine profitieren häufiger von der vereinfachten Abgabe im Drei-Jahres-Turnus, insbesondere wenn sie geringe Umsätze haben und ehrenamtlich geführt werden.
  • Buchführungspflichten:
    • Eine gGmbH unterliegt den strengen handelsrechtlichen Buchführungspflichten (Doppik, Jahresabschluss nach HGB).
    • Ein gemeinnütziger Verein kann flexibel eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) führen, sofern keine Buchführungspflicht besteht.
  • Wirtschaftliche Aktivität:
    • gGmbHs sind häufig für größere wirtschaftliche Aktivitäten vorgesehen und überschreiten daher in der Praxis öfter die Freigrenzen (z.B. €45.000 Umsatz), was zu regelmäßigeren Steuererklärungen (jährliche KSt-, GewSt-, USt-Erklärungen) und ggf. tatsächlichen Steuerzahlungen führt.
    • Viele Vereine bleiben unter den steuerlichen Schwellenwerten und kommen in den Genuss der vereinfachten Abgabe im Drei-Jahres-Turnus und der Kleinunternehmer-Umsatzsteuerbefreiung.
  • Spezifische Anlagen: Während die Anlage Gem für beide Organisationstypen gleich ist, müssen Sportvereinezusätzlich die Anlage Gem 1A einreichen. Eine gGmbH, die ein Sportzentrum gemeinnützig betreibt, müsste diese spezifische Anlage nicht einreichen, da sie nicht als „Sportverein“ firmiert.


7. Konsequenzen bei Verstößen und Verlust der Gemeinnützigkeit


Verstöße gegen die Steuererklärungspflicht oder die gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen können schwerwiegende Folgen haben:


  • Entzug der Gemeinnützigkeit: Eine verspätete oder unterlassene Abgabe kann zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen.
  • Rückwirkende Besteuerung: Der Verlust der Gemeinnützigkeit führt zur rückwirkenden Besteuerung für vergangene Jahre. Die Organisation verliert rückwirkend für bis zu zehn Jahre die Steuerbefreiungen, und die entsprechenden Steuern (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer) müssen nachgezahlt werden.
  • Erhebliche Steuernachforderungen: Der Verlust des gemeinnützigen Status kann zu erheblichen Steuernachforderungen führen.
  • Rückforderung von Zuschüssen: Bereits erhaltene staatliche oder öffentliche Fördergelder, die an den Gemeinnützigkeitsstatus gekoppelt waren, können zurückverlangt werden.
  • Haftungsrisiken: Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer können persönlich für Steuerschulden und Schadensersatzansprüche haftbar gemacht werden.
  • Wegfall der Berechtigung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen: Die Organisation verliert das Recht, steuerlich wirksame Spendenbescheinigungen auszustellen.

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