1. Einführung in die Mittelverwendung bei gemeinnützigen Körperschaften
Gemeinnützige Körperschaften unterliegen strengen Regeln bei der Verwendung ihrer Mittel. Gemäß §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO) müssen sie ihre Mittel ausschließlich und unmittelbar für die in ihrer Satzung festgelegten steuerbegünstigten Zwecke einsetzen. Dies schließt auch das Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) und der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) ein, wonach Mittel grundsätzlich im Jahr des Zuflusses oder spätestens in den zwei folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahren zu verwenden sind. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist für den Erhalt des Gemeinnützigkeitsstatus essenziell.
2. Vergabe von Preisgeldern an private Personen
Die Vergabe von Preisgeldern und Auszeichnungen an natürliche Personen ist eine anerkannte Methode zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke, insbesondere in den Bereichen Wissenschaft, Forschung, Kunst, Kultur oder Bildung.
Voraussetzungen für die Auszahlung:
- Satzungsgemäße Zweckverwirklichung: Die Preisvergabe muss einem in der Satzung der Organisation festgelegten steuerbegünstigten Zweck dienen, z.B. der Förderung von Wissenschaft und Forschung oder Bildung.
- Selbstlosigkeit: Die Körperschaft muss selbstlos handeln und darf keine eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgen oder einzelne Personen unangemessen begünstigen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). Das Preisgeld darf nicht als Entgelt für eine konkrete Leistung, sondern muss als Anerkennung oder Förderung vergeben werden.
- Förderung der Allgemeinheit: Die Preisvergabe sollte Anreize für herausragende Leistungen schaffen und dadurch die Allgemeinheit fördern, indem sie andere zu ähnlichen Leistungen anspornt.
- Transparenz und objektive Kriterien: Die Auswahl der Preisträger muss nach objektiven, nachvollziehbaren Kriterien erfolgen und darf nicht willkürlich sein.
Steuerliche Behandlung für Preisträger: Preisgelder sind für den Empfänger nicht steuerpflichtig, wenn sie einer zweckgebundenen Verwendung unterliegen, die unmittelbar der wissenschaftlichen Forschung des Preisträgers dient und in der Regel auf ein Drittmittelkonto einer Universität gezahlt wird. Nur „frei konsumierbare“ Preise bedürfen einer näheren Prüfung der Einkommensteuerpflicht.
Nachweisführung: Die Organisation muss die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch ordnungsgemäße Buchführung und Belegführung nachweisen. Dazu gehören:
- Ausschreibungsunterlagen, Juryprotokolle, Vergabebeschlüsse.
- Zahlungsbelege.
- Eventuell Berichte der Preisträger über die Verwendung der Mittel.
- Eine detaillierte Mittelverwendungsrechnung ist empfehlenswert, um die zeitnahe und ausschließliche Mittelverwendung nachzuweisen. Die Buchführung muss die Trennung der Sphären (ideeller Bereich, Zweckbetrieb, wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Vermögensverwaltung) gewährleisten.
3. Vergabe von Preisgeldern an gemeinnützige Organisationen und Mittelweiterleitungen (§ 58 Nr. 1 AO)
Die Vergabe von Preisgeldern an andere gemeinnützige Organisationen fällt unter die Regelungen der Mittelweiterleitung nach § 58 Nr. 1 AO. Diese Vorschrift stellt eine wichtige Ausnahme vom Unmittelbarkeitsgebot(§ 57 Abs. 1 Satz 1 AO) dar und ermöglicht es steuerbegünstigten Körperschaften, ihre Mittel an Dritte zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuzuwenden, ohne selbst operativ tätig werden zu müssen.
3.1 Empfängerkreis der Mittelweiterleitung Mittel können weitergeleitet werden an:
- Andere steuerbegünstigte Körperschaften, die die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllen und als gemeinnützig anerkannt sind (auch beschränkt steuerpflichtige Körperschaften).
- Juristische Personen des öffentlichen Rechts (in- und ausländisch).
- Ausländische Körperschaften, auch wenn sie nicht in Deutschland steuerpflichtig sind, sofern die spätere Verwendung der Mittel für steuerbegünstigte Zwecke ausreichend nachgewiesen wird.
3.2 Definition von „Mittel“ Der Mittelbegriff des § 58 Nr. 1 AO ist umfassend und schließt sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft ein, nicht nur Bar- oder Buchgeld, sondern auch Sachvermögen wie die Übertragung eines Zweckbetriebs oder einzelner Wirtschaftsgüter. Seit dem Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) werden auch vergünstigte Leistungserbringungen (z.B. Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistungen) als Fördermittel angesehen, sofern sie in einen steuerbegünstigten Bereich der Empfängerkörperschaft eingehen.
3.3 Keine Zweckidentität erforderlich Die Satzungszwecke der mittelhingebenden und -empfangenden Körperschaft müssen nicht identisch sein. Es ist ausreichend, dass die empfangende Organisation die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.
3.4 Satzungserfordernis für reine Förderkörperschaften Beschränkt sich der Zweck einer Körperschaft ausschließlichauf die Weitergabe von Mitteln an andere steuerbegünstigte Körperschaften, muss diese Art der Zweckverwirklichung ausdrücklich in der Satzung benannt werden (Gebot der Satzungsklarheit). Ist die Körperschaft hingegen auch operativ tätig und gibt nur ergänzend Mittel weiter, ist keine explizite Satzungsregelung zur Mittelweitergabe erforderlich. Die Namen der Empfängerkörperschaften müssen in der Satzung nicht aufgeführt werden.
4. Vereinfachte Nachweisführung über den Freistellungsbescheid (§ 58a AO)
Um die Weiterleitung von Mitteln zu erleichtern, wurde mit dem JStG 2020 ein Vertrauensschutzmechanismus in § 58a AO eingeführt.
- Wirkung: Eine weiterleitende Körperschaft darf darauf vertrauen, dass die Empfängerkörperschaft die Mittel zweckgemäß verwendet, wenn diese einen aktuellen Freistellungsbescheid oder eine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid über ihre Gemeinnützigkeit vorlegt. Dies reduziert die Nachweispflichten der zuwendenden NPO erheblich.
- Anwendungsbereich: Dieser Vertrauensschutz gilt für inländische oder in Deutschland steuerpflichtige Empfänger.
- Einschränkungen: Bei ausländischen Körperschaften, die in Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig sind und keinen deutschen Gemeinnützigkeitsbescheid vorlegen können, greift der Vertrauensschutz nicht. Hier trägt die deutsche Organisation weiterhin das Risiko und muss erweiterte Nachweise erbringen.
5. Nachweispflichten bei Auslandsbezug
Bei Mittelweiterleitungen an ausländische Körperschaften oder für Projekte im Ausland bestehen erhöhte Mitwirkungs- und Beweisvorsorgepflichten gemäß § 90 Abs. 2 AO. Die gebende Körperschaft muss sicherstellen, dass die Mittel ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Die Finanzverwaltung verlangt eine umfassende Dokumentation, die in der Regel ins Deutsche übersetzt werden muss. Dazu gehören insbesondere:
- Im Zusammenhang mit der Mittelverwendung abgeschlossene Verträge und Vorgänge (z.B. Mittelweiterleitungsvereinbarungen).
- Belege über den Abfluss der Mittel ins Ausland und Bestätigungen des Zahlungsempfängers über den Erhalt der Mittel.
- Ausführliche Tätigkeitsbeschreibungen der im Ausland entfalteten Aktivitäten.
- Material über die getätigten Projekte (z.B. Prospekte, Presseveröffentlichungen).
- Gutachten eines örtlichen Wirtschaftsprüfers bei großen und andauernden Projekten.
- Zuwendungsbescheide ausländischer Behörden, wenn die Maßnahmen dort öffentlich gefördert werden.
- Bestätigungen einer deutschen Auslandsvertretung (Botschaft, Konsulat), dass die behaupteten Projekte durchgeführt werden.
- Satzung, Tätigkeitsbericht, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Kassenbericht, Vermögensübersichtmit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen sowie Vorstandsprotokolle der ausländischen Organisation.
Die Abrechnungs- und Buchführungsunterlagen müssen gemäß § 146 Abs. 2 AO im Inland aufbewahrt werden. Die Anforderungen an die Nachweise richten sich nach der Größe und Bedeutung des Falls (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
6. Das Zuwendungsempfängerregister (§ 60b AO) Ab dem 1. Januar 2024 wird ein zentrales, öffentliches und für jedermann einsehbares Zuwendungsempfängerregister beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingerichtet. Dieses Register soll Transparenz über steuerbegünstigte Körperschaften schaffen und deren Identifikation, die verfolgten Zwecke, das zuständige Finanzamt sowie das Datum des Freistellungsbescheides umfassen. Das Steuergeheimnis (§ 30 AO) steht der Offenbarung dieser Registerdaten nicht entgegen. Dies soll Spendern die Identifizierung förderwürdiger Organisationen erleichtern.
Zusammenfassung Die Vergabe von Preisgeldern und die Mittelweiterleitung sind wichtige Instrumente für gemeinnützige Körperschaften. Dabei müssen stets die Grundsätze der Satzungsgemäßheit, Selbstlosigkeit und der Förderung der Allgemeinheit beachtet werden. Für inländische Mittelweiterleitungen vereinfacht der Freistellungsbescheid die Nachweisführung durch einen Vertrauensschutz erheblich. Bei Auslandssachverhalten bleiben jedoch umfassende Dokumentations- und erhöhte Nachweispflichten bestehen, die eine sorgfältige Planung und Ausführung erfordern, um den Gemeinnützigkeitsstatus der gebenden Organisation zu sichern.
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