Die Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) und die Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) sind wichtige steuerliche Förderinstrumente in Deutschland, die das bürgerschaftliche Engagement unterstützen sollen. Sie ermöglichen es gemeinnützigen Organisationen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bestimmte Aufwendungen für nebenberufliche Tätigkeiten pauschal und ohne Steuer- und Sozialabgaben zu vergüten.
Aktuell (Stand: 2025) beträgt die Übungsleiterpauschale 3.000 Euro pro Kalenderjahr und die Ehrenamtspauschale 840 Euro pro Kalenderjahr. Es gibt Vorschläge für eine weitere Erhöhung dieser Freibeträge (Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro, Ehrenamtspauschale auf 900 Euro bzw. 960 Euro), deren Umsetzung jedoch abzuwarten ist.
1. Die Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG)
Die Übungsleiterpauschale begünstigt spezifische nebenberufliche Tätigkeiten mit einem pädagogischen, künstlerischen oder pflegerischen Charakter.
1.1 Voraussetzungen zur Zahlung
Damit Einnahmen unter die Übungsleiterpauschale fallen, müssen kumulativ folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Nebenberuflichkeit: Die Tätigkeit darf vom zeitlichen Umfang her höchstens ein Drittel einer vergleichbaren vollen Erwerbstätigkeit ausmachen. Dies entspricht einem Richtwert von maximal etwa 14 Stunden pro Woche im Jahresdurchschnitt. Es ist unerheblich, ob der Tätige daneben einen Hauptberuf ausübt; auch Personen ohne Hauptberuf, wie Studenten oder Rentner, können nebenberuflich tätig sein.
- Begünstigte Tätigkeiten: Die Tätigkeit muss darauf abzielen, durch persönlichen Kontakt die geistigen oder körperlichen Fähigkeiten anderer Menschen zu entwickeln und zu fördern. Dazu gehören beispielsweise:
- Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer.
- Sporttrainer, Chorleiter, Orchesterdirigenten, Dozenten an Volkshochschulen.
- Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen, einschließlich Hilfsdienste durch ambulante Pflegedienste oder Sofortmaßnahmen durch Rettungssanitäter und Ersthelfer.
- Künstlerische Tätigkeiten, z.B. Kirchenmusiker oder Opernsänger bei gemeinnützigen Veranstaltungen.
- Nicht begünstigt sind Tätigkeiten wie Amateursportler, rein administrative Aufgaben (z.B. Vereinsvorstand, Kassierer, Platzwart), Tierausbildung oder hauswirtschaftliche Dienste ohne direkten Personenbezug.
- Begünstigter Auftraggeber: Die Tätigkeit muss im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (z.B. Bund, Länder, Gemeinden, Universitäten) oder einer Einrichtung erfolgen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbegünstigt ist (z.B. gemeinnützige Vereine, Stiftungen). Der Sitz der Körperschaft kann auch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums liegen.
- Förderung gemeinnütziger Zwecke: Die Tätigkeit muss der selbstlosen Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke dienen, und zwar im ideellen Bereich oder im Zweckbetrieb der Organisation. Tätigkeiten in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder bei der Vermögensverwaltung sind nicht begünstigt.
2. Die Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG)
Die Ehrenamtspauschale ist ein allgemeiner Freibetrag für nebenberufliche Tätigkeiten im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich, die nicht unter die Übungsleiterpauschale fallen.
2.1 Voraussetzungen zur Zahlung
Die allgemeinen Voraussetzungen (Nebenberuflichkeit, begünstigter Auftraggeber, Förderung gemeinnütziger Zwecke im ideellen Bereich/Zweckbetrieb) entsprechen denen der Übungsleiterpauschale.
- Begünstigte Tätigkeiten: Der Anwendungsbereich ist weitreichender und umfasst beispielsweise die Tätigkeiten von:
- Vereinsvorständen, Kassierern, Bürokräften, Reinigungspersonal, Platzwarten.
- Aufsichtspersonal, Schiedsrichtern im Amateurbereich.
- Sonstigen Vereinshelfern, Fahrdiensten (z.B. Behindertentransport, Altenhilfe), Hausnotruf- oder Mahlzeitendiensten.
- Die Ehrenamtspauschale ist nicht anwendbar, wenn die Tätigkeit bereits für die Übungsleiterpauschale oder § 3 Nr. 12 EStG (Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen) in Betracht kommt.
2.2 Besondere Regelung für Vorstandsmitglieder
Die Zahlung pauschaler Tätigkeitsvergütungen an Vorstandsmitglieder eines gemeinnützigen Vereins ist nur dann zulässig, wenn dies durch oder aufgrund einer Satzungsregelung ausdrücklich zugelassen ist. Fehlt eine solche Satzungsregelung und werden dennoch Vergütungen gezahlt, verstößt der Verein gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, was zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen kann. Diese Vorschrift dient dem Schutz der Vereinsintegrität und erfordert Transparenz sowie die Zustimmung der Mitgliederversammlung.
3. Kumulierung und Abgrenzung der Pauschalen
Die Übungsleiterpauschale und die Ehrenamtspauschale können nicht für ein und dieselbe Tätigkeit gleichzeitig in Anspruch genommen werden. Eine Tätigkeit fällt entweder unter § 3 Nr. 26 oder unter § 3 Nr. 26a EStG.
Es ist jedoch zulässig, dass eine Person beide Freibeträge kombiniert, wenn sie klar voneinander abgrenzbare, unterschiedliche Tätigkeiten ausübt. Zum Beispiel kann ein Jugendtrainer (begünstigt nach Übungsleiterpauschale) gleichzeitig als Kassierer (begünstigt nach Ehrenamtspauschale) im selben Verein tätig sein und beide Pauschalen beanspruchen.
Zusätzlich zu diesen Pauschalen können weitere steuerfreie Zahlungen wie der Ersatz von Reisekosten nach § 3 Nr. 13 EStG oder allgemeine Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen nach § 3 Nr. 12 EStG gewährt werden, sofern sie andere Aufwendungen abgelten.
4. Nachweispflichten und Bestätigung der Berechtigung
Für die Anwendung der Pauschalen ist keine förmliche amtliche Bescheinigung erforderlich. Die Verantwortung für die Einhaltung der Voraussetzungen liegt sowohl bei der auszahlenden Organisation als auch beim Empfänger.
4.1 Verantwortung der Organisation
Die auszahlende Organisation muss die Einhaltung der Voraussetzungen prüfen und sorgfältig dokumentieren. Dazu gehören:
- Schriftliche Vereinbarungen oder Tätigkeitsnachweise, die die Art, den Umfang und die Höhe der Vergütung festhalten und den Bezug zu den jeweiligen Paragrafen herstellen.
- Die ordnungsgemäße buchhalterische Erfassung der Zahlungen.
- Bei Zahlungen an Vorstände die Prüfung und Dokumentation der Satzungsklausel.
- Die Aufbewahrung der Erklärung des Empfängers (siehe 4.2) zum Lohnkonto.
4.2 Mitwirkungspflicht des Empfängers
Die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen sind personenbezogene Jahresfreibeträge. Eine Person kann diese Freibeträge nur einmal pro Jahr ausschöpfen, auch wenn sie für mehrere Organisationen tätig ist.
Da die Organisation nicht wissen kann, ob der Empfänger den Freibetrag bereits anderweitig ausgeschöpft hat, muss der Empfänger der Organisation schriftlich bestätigen, dass die Steuerbefreiung nicht bereits in einem anderen Dienst- oder Auftragsverhältnis berücksichtigt wurde oder wird. Diese Erklärung ist essenziell für die Organisation, um sich vor Haftungsrisiken zu schützen.
4.3 Angabe in der Einkommensteuererklärung
Empfänger müssen die erhaltenen Einnahmen grundsätzlich in ihrer jährlichen Einkommensteuererklärung angeben. Für Arbeitnehmer erfolgt dies in der Anlage N, für Selbstständige in der Anlage S. Bleiben die Einnahmen innerhalb der Freibeträge, sind sie steuerfrei.
4.4 Verlustabzug bei übersteigenden Aufwendungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt, dass Verluste aus einer nebenberuflichen Übungsleiter- oder Ehrenamtstätigkeit steuerlich abziehbar sein können, auch wenn die Einnahmen unter dem Freibetrag liegen. Voraussetzung ist eine Einkunftserzielungsabsicht, d.h., die Tätigkeit darf nicht lediglich als "Liebhaberei" ausgeübt werden, sondern muss zumindest langfristig auf einen Überschuss ausgerichtet sein. Aufwendungen dürfen in dem Umfang abgezogen werden, wie sie die erhaltenen Einnahmen übersteigen. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen.
5. Sozialversicherungsrechtliche Bedingungen und Folgen
Ein wesentlicher Vorteil beider Pauschalen ist ihre Sozialversicherungsfreiheit.
5.1 Beitragsfreiheit bis zur Höchstgrenze
Steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG gehören nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 16 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV). Dies bedeutet, dass für diese Beträge keine Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung abgeführt werden müssen.
5.2 Behandlung bei Überschreitung der Freibeträge
Überschreiten die Einnahmen die steuerfreien Freibeträge, so wird der übersteigende Betrag lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig.
5.3 Kombination mit einem Minijob
Die steuerfreien Pauschalen werden nicht auf die Verdienstgrenze eines Minijobs angerechnet (derzeit 538 Euro pro Monat). Eine Person kann also beispielsweise 538 Euro aus einem Minijob und zusätzlich monatlich 250 Euro aus der Übungsleiterpauschale erhalten, ohne die Minijob-Grenze für die Sozialversicherung zu überschreiten.
Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, wie der Jahresfreibetrag angerechnet wird, gibt es zwei Methoden:
- "Pro rata" (zeitanteilig): Der Jahresfreibetrag wird monatlich vom Entgelt abgezogen. Dies führt zu einem gleichbleibenden, beitragspflichtigen Entgelt über das ganze Jahr. Diese Methode wird oft empfohlen, um eine lückenlose Beitragsbiografie in der Rentenversicherung sicherzustellen.
- "En bloc" (Blockanrechnung): Der gesamte Jahresfreibetrag wird zu Beginn des Beschäftigungszeitraums verbraucht. In den ersten Monaten fällt kein beitragspflichtiges Entgelt an, was zu Lücken in der Beitragsbiografie führen kann und aus Gründen der Fürsorgepflicht vermieden werden sollte.
5.4 Meldepflichten
Grundsätzlich bestehen für steuerfreie Aufwandsentschädigungen innerhalb der Freibeträge keine Meldepflichten bei den Sozialversicherungsträgern. Meldepflichten und Beitragspflichten entstehen erst bei Überschreitung der Freibeträge.
5.5 Abgrenzung zur Scheinselbstständigkeit
Die korrekte Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung (Arbeitnehmer) und selbstständiger Tätigkeit ist entscheidend. Fehler können zu erheblichen Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen führen, ohne dass Arbeitnehmeranteile rückwirkend einbehalten werden können. Es wird empfohlen, zur Rechtssicherheit das Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund zu nutzen.
6. Aktuelle Hinweise (Stand 2025)
Zum Veranlagungszeitraum 2021 wurden die Übungsleiterpauschale von 2.400 Euro auf 3.000 Euro und die Ehrenamtspauschale von 720 Euro auf 840 Euro angehoben, um das Ehrenamt stärker zu fördern. Diese Beträge gelten auch für die Jahre 2022, 2023, 2024 und 2025.
Für die Zukunft gibt es bereits Pläne der Bundesregierung, die Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 960 Euro zu erhöhen. Diese Änderungen sind noch nicht in Kraft getreten, sollten aber von Organisationen und Ehrenamtlichen beobachtet werden.
Fazit
Die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale sind wichtige Instrumente zur Anerkennung und finanziellen Unterstützung ehrenamtlichen Engagements. Sie ermöglichen steuer- und sozialversicherungsfreie Aufwandsentschädigungen bis zu den jeweiligen Höchstbeträgen.
Für gemeinnützige Organisationen ist es unerlässlich, die Voraussetzungen strikt einzuhalten und Zahlungen sauber zu dokumentieren, insbesondere bei Zahlungen an Vorstände, die eine entsprechende Satzungsregelung erfordern. Der Empfänger muss die Organisation schriftlich bestätigen, dass die Freibeträge nicht anderweitig ausgeschöpft wurden, um die Organisation vor Haftungsrisiken zu schützen.
Die aktuelle Rechtslage ist großzügiger und bietet mehr Klarheit als in der Vergangenheit, wodurch das Ehrenamt attraktiver wird. Um von den Begünstigungen optimal Gebrauch zu machen und rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten interne Prozesse und Dokumentationen entsprechend angepasst werden.
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