Die Kassenführung ist ein zentraler Aspekt der Finanzbuchhaltung und für jedes Unternehmen von großer Bedeutung, insbesondere für solche mit Bareinnahmen. Sie dient der lückenlosen und nachvollziehbaren Dokumentation aller Bargeldbewegungen, um die Einhaltung steuerrechtlicher Vorschriften sicherzustellen. Bei einer nicht ordnungsgemäßen Kassenführung besteht das Risiko, dass die Finanzverwaltung Bareinnahmen als nicht vollständig erfasst ansieht und die Besteuerungsgrundlagen schätzt.
I. Grundsätze der ordnungsgemäßen Kassenführung
Die Kassenführung unterliegt den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) und den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD). Diese Grundsätze sind seit 2018 erheblich verschärft worden.
Wichtige Elemente einer ordnungsgemäßen Kassenführung sind:
- Tägliche Aufzeichnungspflicht: Alle Kasseneinnahmen und Kassenausgaben müssen täglich festgehalten werden. Eine Erfassung spätestens am nächsten Geschäftstag ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn zwingende geschäftliche Gründe entgegenstehen und die Nachvollziehbarkeit gewährleistet ist.
- Einzelaufzeichnungspflicht: Grundsätzlich muss jeder einzelne Geschäftsvorfall – also jede Betriebseinnahme, Betriebsausgabe, Einlage und Entnahme – einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufgezeichnet werden. Dies bedeutet, dass nicht nur der Geldbetrag, sondern auch der Inhalt des Geschäfts und, sofern zumutbar, der Name des Vertragspartners zu erfassen sind.
- Kassensturzfähigkeit: Die Kassenaufzeichnungen müssen jederzeit einen Abgleich des Soll-Kassenbestands mit dem tatsächlich gezählten Ist-Bestand ermöglichen. Dies wird als „Kassensturzfähigkeit“ bezeichnet.
- Unveränderbarkeit: Einmal erfolgte Buchungen und Aufzeichnungen dürfen nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Änderungen müssen protokolliert werden, sodass der ursprüngliche Zustand erkennbar bleibt.
- Belegprinzip: Jede Buchung oder Aufzeichnung muss durch einen Beleg nachgewiesen werden können. Ist kein externer Beleg vorhanden, ist ein Eigenbeleg zu erstellen.
- Verfahrensdokumentation: Für jedes eingesetzte Kassen- und DV-System muss eine umfassende Verfahrensdokumentation vorliegen. Diese beschreibt den Aufbau, Ablauf, Inhalt und die Ergebnisse des Systems und muss stets aktuell sein, wobei Änderungen nachvollziehbar zu dokumentieren sind.
- Umgang mit unbaren Zahlungen: Zahlungen mittels EC- oder Kreditkarte sind keine Bargeldbewegungen und dürfen grundsätzlich nicht im Kassenbuch oder Kassenbericht erfasst werden. Eine aus praktischen Gründen oft geübte gemeinsame Erfassung von baren und unbaren Tagesumsätzen ist tolerierbar, wenn die unbaren Zahlungen gesondert kenntlich gemacht und anschließend nachvollziehbar aus dem Kassenbuch auf ein separates Konto umgebucht werden, und die Kassensturzfähigkeit weiterhin gegeben ist. Es ist wichtig, den Zahlungsweg ausreichend zu dokumentieren.
II. Arten der Kassenführung
Unternehmer haben die Wahl, wie sie ihre Bareinnahmen und -ausgaben erfassen möchten.
1. Offene Ladenkasse
Es ist nach wie vor zulässig, Bareinnahmen ohne Registrierkasse zu ermitteln, z.B. mithilfe von Tageskassenberichten oder einem Kassenbuch. Bei der offenen Ladenkasse werden die Tageseinnahmen summarisch ermittelt.
- Täglicher Kassenbericht: Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung bei einer offenen Ladenkasse erfordert einen täglichen Kassenbericht. Dieser muss auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens des Bargeldbestands bei Geschäftsschluss erstellt werden. Der Kassenbericht dient dazu, die Tageseinnahme rechnerisch zu ermitteln, indem der Kassenanfangsbestand und Bareinlagen abgezogen sowie Ausgaben und Barentnahmen hinzugerechnet werden.
- Zählprotokoll: Die tägliche Anfertigung eines Zählprotokolls, das die Stückzahl der vorhandenen Geldscheine und Münzen erfasst, ist sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Rundungen oder Schätzungen sind unzulässig.
- Separate Berichte: Für jede offene Ladenkasse muss ein eigener Kassenbericht erstellt werden.
- Kombinierte Nutzung: Die gleichzeitige Nutzung einer offenen Ladenkasse und einer elektronischen Registrierkasse ist grundsätzlich nicht erlaubt, es sei denn, es handelt sich um räumlich abgrenzbare Bereiche (z.B. Ladengeschäft und Marktstand).
2. Elektronische Registrierkasse / PC-Kassensystem
Elektronische Kassensysteme müssen ab dem 1. Januar 2020 so beschaffen sein, dass Manipulationen ausgeschlossen sind.
- Technische Sicherheitseinrichtung (TSE): Seit dem 1. Januar 2020 müssen elektronische Kassensysteme grundsätzlich mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet sein. Die TSE besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle. Die digitalen Aufzeichnungen müssen auf dem Speichermedium gesichert und für Prüfungen elektronisch verfügbar gehalten werden.
- Belegausgabepflicht: Für elektronische Kassensysteme besteht seit dem 1. Januar 2020 eine Belegausgabepflicht. Unternehmen müssen unmittelbar einen Beleg (in Papierform oder elektronisch mit Zustimmung des Kunden) erstellen und dem Kunden zur Verfügung stellen, auch wenn dieser den Beleg nicht mitnehmen möchte. Der Beleg muss den Namen und die Anschrift des Unternehmers sowie Belegdatum und Transaktionszeitraum enthalten.
- Detaillierte Einzelaufzeichnung: Jeder Verkaufsvorgang muss im elektronischen System detailliert aufgezeichnet werden; eine bloße Tagessumme (Z-Bon) reicht nicht aus. Alle einzeln gebongten Einnahmen müssen in elektronischer Form dauerhaft und unveränderbar gespeichert werden. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen und umfasst Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten.
- Z-Bons: Tagesendsummen-Bons (Z-Bons) müssen aufbewahrt werden und bestimmte Pflichtangaben enthalten, darunter eine fortlaufende und automatisch generierte Nummer, Unternehmensname, Datum/Uhrzeit des Ausdrucks, Bruttoeinnahmen pro Umsatzsteuersatz, Storno- und Retourbuchungen, Entnahmen und weitere Eingriffsvorgänge in die Kasse sowie die Zahlungsart.
- Aufbewahrungspflichten: Sämtliche relevanten digitalen Einzeldaten und Organisationsunterlagen (wie Bedienungs- und Programmieranleitungen sowie Protokolle von Änderungen) müssen für die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren vorgehalten werden. Ab 2025 verkürzt sich die Frist für bestimmte Daten möglicherweise auf acht Jahre.
- Meldepflicht: Elektronische Kassensysteme und ihre TSE-Module müssen dem Finanzamt gemeldet werden. Für Systeme, die vor dem 1. Juli 2025 angeschafft wurden, ist die Meldung bis zum 31. Juli 2025 elektronisch über „Mein ELSTER“ oder eine autorisierte Schnittstelle vorzunehmen. Der Inhalt der Meldung umfasst die Seriennummer der Kasse, TSE-Daten und die Betriebsstättenzuordnung.
III. Kassenführung bei Einnahmen-Überschussrechnern
Unternehmer, die ihren Gewinn mittels einer Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln, sind grundsätzlich nicht zur Führung eines Kassenbuches verpflichtet.
Dennoch müssen auch Einnahmen-Überschussrechner ihre Umsätze, einschließlich Barumsätze, vollständig aufzeichnen. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung ergibt sich für sie insbesondere aus dem Umsatzsteuergesetz (§ 22 UStG) und ist auch für die Einkommensteuer relevant. Die Aufzeichnungen können in einer geordneten, vollständigen und chronologischen Ablage von Belegen bestehen.
- Buchung ohne Kassenbuch: Anstatt eines Kassenkontos kann bei EDV-Buchführungen das Verrechnungskonto "Verrechnungskonto für Gewinnermittlung § 4/3 EStG" (SKR 03: 1370, SKR 04: 1485) verwendet werden. Eine zweckmäßigere Vorgehensweise ist es, Bareinnahmen als Erlös zu buchen und "Privatentnahmen" als Gegenkonto zu verwenden (Buchungssatz: Privatentnahmen an Erlöse). Bar bezahlte Betriebsausgaben werden auf dem jeweiligen Aufwandskonto gebucht, mit "Privateinlagen" als Gegenkonto (Buchungssatz: Betriebsausgaben an Privateinlagen).
- Erleichterungen: Bei einer Vielzahl von Geschäften mit geringen Beträgen und unbekannten Kunden (z.B. Kiosk, Bäckerei) kann es unzumutbar sein, jede Bareinnahme einzeln zu erfassen. In solchen Fällen dürfen Tageseinnahmen summarisch ermittelt werden, beispielsweise durch einen Tageskassenbericht.
- Freiwilliges Kassenbuch: Führen Einnahmen-Überschussrechner freiwillig ein Kassenbuch, so muss dieses den vollen gesetzlichen Anforderungen genügen.
IV. Prüfung und Folgen von Mängeln
Die Finanzverwaltung legt bei bargeldintensiven Betrieben einen besonderen Fokus auf die Kassenführung.
- Kassen-Nachschau: Seit 2018 kann die Finanzverwaltung unangekündigt eine Kassen-Nachschau durchführen, um die Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und -buchungen zu überprüfen. Dies umfasst sowohl elektronische als auch offene Ladenkassen. Im Rahmen der Nachschau kann ein "Kassensturz" verlangt und Einsicht in digitale Daten oder deren Übermittlung über die digitale Schnittstelle gefordert werden. Wenn Feststellungen Anlass dazu geben, kann die Kassen-Nachschau ohne vorherige Prüfungsanordnung in eine Außenprüfung übergehen.
- Datenzugriff der Finanzverwaltung: Liegen Aufzeichnungen in elektronischer Form vor, hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das DV-System zur Prüfung zu nutzen. Sie kann auch verlangen, dass Daten maschinell ausgewertet oder auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten hierfür trägt der Steuerpflichtige.
- Konsequenzen bei Mängeln:
- Liegen wesentliche formelle oder sachliche Mängel vor, kann die Finanzverwaltung die Beweiskraft der gesamten Buchführung verwerfen.
- Dies kann zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen führen. Kleinere formelle Mängel reichen hierfür in der Regel nicht aus, können aber Anlass für weitergehende Prüfungen sein.
- Beispiele für Mängel sind: nicht zeitgerechte oder nicht chronologische Aufzeichnungen, fehlende tägliche Kassenberichte, das Führen einer rein rechnerischen Kasse ohne tatsächliches Auszählen, fehlende Einzelnachweise (z.B. Registrierkassenstreifen), fehlende Belege für Privatentnahmen und Privateinlagen, oder das Erstellen von Tageskassenberichten mit Standardsoftware (z.B. Word/Excel), die nicht gegen nachträgliche Veränderungen geschützt ist.
- Kassenfehlbeträge (Minusbestände in der Kasse) sind ein deutliches Zeichen für eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung, da eine Kasse tatsächlich niemals einen negativen Bestand aufweisen kann.
Angesichts der konsequenten Prüfungspraxis der Finanzämter und der erheblichen Konsequenzen bei Fehlern ist es für Unternehmer unerlässlich, ihre Kassenführung sorgfältig zu prüfen und die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Bei konkreten Fragen sollte stets professioneller Rat, beispielsweise von einem Steuerberater, eingeholt werden.
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